1. Was kann ein Meerschweinchen bissig werden lassen?


Ein Meerschweinchen ist von Natur aus ein Fluchttier und ein Stillhalter im Fall der Gefahr, nur untereinander wird gelegendlich gebissen.

Kommt ein Jungtier in unser Haus, so ist es in der Regel nicht zahm und zappelt bei jedem Herausnehmen. Nach einer Weile verliert es seine Angst und kann dann bei ungeschickter Handhabung zum Kneifer werden. Das Tier muß sich in der Hand sicher fühlen. Greift man zu zaghaft zu und läßt dem Tier dabei zuviel Raum für eigene Entscheidungen, so entscheidet sich unser kleiner Freund oft, sich die Hand durch ein kurzes Kneifen vom Leibe zu halten. Genauso machen es die Mütter mit Jungtieren oder ein nicht paarungsbereite Weibchen mit allzu aufdringlichen Männchen. Das ist ein ganz natürliches Verhalten.

In diesem Moment kommt alles darauf an, wie der Mensch reagiert und was das Meerschweinchen daraus lernt. Man sollte auf keinen Fall des Tier loslassen! Wenn unser kleiner Freund jetzt z. B. in seinen Käfig zurückhopsen kann, hat er gelernt, daß der Mensch ihn nachhause zurück läßt sobald er kneift. Wenn er sogar mit einem lauten "Au!" zurückfällt oder auf dem Boden landet und weglaufen kann, hat er eine Art Sieg erlangt. Auch ein unterlegenes Meerschweinchen quiekt laut, bevor es die Flucht ergreift. Und schon ist der Lernerfolg da und das Meerschweinchen wird das nächste Mal erneut kneifen.

Schmerzen sind eine andere leider sehr häufige Ursache für das Beißen. Hat das Tier sich eine Hautkrankheit zugezogen, wird es für Berührungen überempfindlich. Zumeist versucht es sich durch Kratzen und Beißen der juckenden oder schmerzenden Berührung der Hand zu entziehen. Auch nach erfolgreicher Behandlung der Krankheit bleibt das Tier oft nervös und behält das erlernte Verhalten bei, um sich gegen Herausnehmen und Streicheln zu erwehren.

Eine dritte Möglichkeit das Beißen zu erlernen, ist über die Gier nach Leckerchen. Hat der Besitzer gerade eine Gurke oder Möhre geschält und zerteilt, so kann es schon mal vorkommen, daß die seine Hände danach duften und sogar die gleiche Farbe angenommen haben. Wer sollte es dann unserem Meerschweinchen verdenken, daß es da einmal an der falschen Stelle kräftig zulangt? Zumal das Tierchen recht kurzsichtig ist und auch sonst gern aus der Hand gefüttert wird. Je nach Temperament und Verhalten des Besitzers hat unser Meerschweinchen jetzt die Möglichkeit, zu lernen, daß man eine Hand auf diese Weise verjagen kann.

2. Welche Formen von Bissigkeit kennt man?

Tiere können aus den verschiedensten Gründen beißen, jedoch ist das Beißverhalten bei Nagern recht einheitlich.

Wir haben als erstes das Kneifen, der Druck der Zähne reicht hier vom leichten ins-Fell-Greifen bis zum festen Zwicken. Niemals gibt es Wunden dabei. Die Tiere verwenden dieses Kneifen, um sich selbst oder ihre Jungen zu putzen und auch um, noch freundlich, einen Artgenossen in die Schranken zu weisen. Auch beim Lecken von Wasser oder Salz werden die Zähne ein wenig angesetzt, weil die Zunge sehr kurz ist.

Dann haben wir das Beißen. Und meist in der Absicht ein Loch in die Nahrung zu machen und etwas davon abzubeißen. Wird ein Artgenosse gebissen, so reißt es ein Haarbüschel aus oder ein Stückchen Haut gleich mit. Es beißt und läßt danach wieder los, um die die Lage neu zu klären. Hierunter fallen auch die Fälle des Fingerbeißens, mit denen der Mensch verscheucht soll. Danach läuft das Tier oft weg und wartet ab.

Drittens gibt es das Festbeißen. Dieses Verhalten ist sehr sehr selten bei Meerschweinchen und sitzt große Wut oder große Angst voraus. Gegenseitiges Festbeißen unter Meerschweinchen kommt nur unter unnatürlichen Bedingungen vor, wenn zum Beispiel zwei gleich starke dominante Männchen mit Weibchen in einen engen Käfig gesperrt werden. Die Männchen können sich nicht ausweichen und somit kann der Kampf nicht beendet werden und die Kontrahenden verbeißen sich oft bis eines von beiden tot ist. Im Verhalten zum Menschen haben wir dieses Verhalten nur bei übergroßer Angst und in Panik beobachtet.

3. Gegen wen können sich Agressionen richten?


Gekniffen werden alle anderen Meerschweinchen, andere Tiere und Menschen. Gebissen werden im Allgemeinen nur gefährliche und zudringliche Artgenossen. Bei Meerschweinchen fast nur wenn gleichstarke Tiere miteinander kämpfen. Andere Tiere und Menschen werden nur dann gebissen, wenn das Meerschweinchen dies mit Erfolg gelernt hat. Festbeißen erfolgt nur in großer Panik, hier ist aber jedes bewegliche Teil recht. Mit einem Handbesen kann man zwei Kampfhähne ablenken und beruhigen. Besser der Besen leidet etwas, als daß nun die Hand des Besitzers als gemeinsamer Feind angesehen wird!

4. Geht die Bissigkeit immer mit Handscheu einher?


Selbstverständlich geht aller Kontakt mit dem Menschen über die Hände. So kommt es, daß diese auch an Allem Schuld ist. Dies gilt insbesondere bei einem Tier wie dem Meerschweinchen, das stark kurzsichtig ist. Sie erkennen uns ab Geruch, aber erfassen nicht unsere ganzen Ausmaße. Es gibt auch Meerschweinchen, die nur zu bestimmten Füßen hinlaufen, dort Männchen machen um in die Hand genommen zu werden. Manche laufen direkt auf die Hand. Daß der Mensch sehr groß ist wissen die meisten Meerschweinchen, nur sind meist nur die Hände, die beleckt werden, die den Kopf kraulen usw. Alles Gute kommt von den Händen aber auch alle unangenehmen Dinge. So kommt es daß bissige Tiere in fast allen Fällen auch handscheu sind und sich nicht freiwillig greifen lassen.

5. Können Meerschweinchen bestimmte Aversionen gegen bestimmte Menschen oder Tiere entwickeln?


Hat ein bestimmter Mensch ein z.B. hautkrankes Meerschweinchen allein behandelt, so kann das Tier später unangenehme Berührungen nur mit diesem Menschen verbinden und beißt diesen, aber niemand sonst. Ansonsten reagieren Menschen unterschiedlich auf Beißen und das Tier hat mit diesem Verhalten eventuell nur bei bestimmten Menschen Erfolg. Allerdings kann man hier nicht von Aggressionen sprechen, jedes Verhalten ist immer eine Antwort auf menschliche Eingriffe.

Ebenso kann das Meerschweinchen lernen ein bestimmtes anderes Haustier durch Beißen abzuwehren. Es möchte so vermeiden vom Hund herumgetragen zu werden oder vom Wellensittich gezwickt zu werden. Auch hier ist die Bissigkeit abhängig vom Erfolg den das Meerschweinchen damit hat. Läßt der Hund los oder fliegt der Wellensittich kreischend weg, so hat es erreicht was es möchte.

6. Was tun, wenn das Meerschweinchen bissig ist?


Das Wichtigste ist, die Angst zu beseitigen. Und zwar die Angst auf beiden Seiten. Man darf dem Tier niemals beim Anfassen weh tun. Besonders schlecht ist, wenn der Käfig so gebaut ist, daß das Tier erst nach vielem Herumjagen eingefangen werden kann. Hierdurch entstehen die meisten Beißer. Die Erwachsenen sollten Kindern den Umgang mit dem Tier zeigen. Allzu zaghafter Umgang gibt dem Tier auch Gelegenheit sich zu wehren und das Beißen zu lernen. Hat das Meerschweinchen zum ersten Mal gezwickt oder gebissen, so darf es auf keinen Fall sofort wieder in seinen Käfig zurückgesetzt werden, denn dies sieht es als Erfolg an!

Hat man nun selbst etwas Angst, setze man es, jedesmal wenn es gebissen hat, in eine kleine helle Kiste ohne Futter und Versteckmöglichkeit aber nicht in sein Zuhause. Ist es auf dem Schoß lieb, so sollte man noch mehr auf ein reibungsloses, schnelles und zwangfreies Herausnehmen aus dem Käfig achten. Notfalls kann man auch Handschuhe dabei tragen, dadurch verringert sich die Angst und man geht ungezwungener mit dem Tier um.

Anders ist die Sachlage, wenn unser Meerschweinchen sich auf grund einer Hautkrankheit das Beißen angewöhnt hat. Zum Teil wird das Tier dann einen Körperkontakt nie mehr als normal akzeptieren. Und dies sollte man am besten akzeptieren und allen Kontakt möglichst verkürzen. Wir haben ja auch Stimme und können mit unserem Freund reden, ihm Leckerbissen reichen und vielleicht lernt er ja noch viele andere Dinge.

Wollen wir einem bissigen Meerschweinchen einen Genossen hinzugeben, brauchen wir eine größeren Käfig und eine Einteilung darin, wie z.B. ein kleines Labyrinth. Für unser Rühr-mich-nicht-an-Tier muß die Umgebung auf jedem Fall neu sein, damit ein neuer Genosse überhaupt angenommen wird. Echte Bissigkeit gegenüber bestimmten Personen kann nur selten korrigiert werden und dann nur mit großem Einsatz, wobei man viel Zeit über den Tag verteilt haben muß. Stetes Herausnehmen, stetes nur aus der Hand Füttern und viel viel Reden helfen mit der Zeit. Manchmal ist die besser die Dinge so zu belassen wie sie sind, dem Tier fehlt es ja im Grunde an nichts dabei. Haben wir z.B. einen Hund, der keine Kinder mag, so sollte er eben in einen Haushalt ohne Kinder wechseln. Dort wird er bestimmt sehr glücklich sein.

7. Gibt es ein Medikament, um das zu behandeln?


Ein Medikament gegen Bissigkeit ist nicht bekannt. Es ist bestimmt nicht gut, unseren Tieren Beruhigungsmittel einzugeben und ein Erfolg ist dabei mehr als fraglich. Außerdem ist eine Dosierung bei Meerschweinchen sehr schwierig.

8. Gibt es so etwas wie Meerschweinchenpsychologen in Deutschland?


Ausgesprochene Meerschweinchenspychologen gibt es nicht. Viele gute Tierärzte, Tierheilpraktiker und Züchter können in solchen Fällen helfen. Gerade der Züchter kennt seine eigenen Tiere besser als jeder andere. Es gibt allerdings eine Reihe von Biologen, die speziell das Verhalten des Meerschweinchens unter möglichst natürlichen Umständen erforschen. Hier ist vor allem Prof. *** aus Bayreuth mit seinen Mitarbeitern zu nennen.

9. Können solche Aggressionen evtl. auch eine Überempfindlichkeit oder Allergie zugrunde haben?


Interessant ist, daß es Meerschwienchen gibt, die zwar nicht beißen, es aber trotzdem nicht dulden, wenn man sie.an bestimmten Stellen streichelt. Oft ist es die Stelle an der Seite zwischen den Vorder- und Hinterbeinen. Dann dreht es sich blitzschnell zur Seite und zwickt in die Hand. Eventuell sind manche Tiere hier wie der Mensch an den Rippen kitzlig. Zum anderen kommen auch die Jungtiere zum Säugen von der Seite und das Zwickverhalten der Mutter gehört zum normalen Entwöhnvorgang. Eventuell ist das Verhalten sogar angeboren. Man beobachtet auch oft gleichzeitig ein Abwehrtreten. Man sollte sich bei kitzligen Meerschweinchen also lieber auf Kopf- und Rückenstreicheln mit der ganzen Hand, nicht nur mit einem Finger. Das kitzelt halt weniger.

Auch sollte man nicht überraschend von hinten anfassen, weil das mag ja eigendlich niemand, wir nicht und Tiere auch nicht.

Es gibt bei Meerschweinchen gelegendlich trockene Haut oder echte Allergien, z.B. gegen Heu, die zu Überempfindlichkeiten führen. Manches läßt sich behandeln oder mildern. Zumal bei Allergien hilft nur die schwierige Suche nach den verursachenden Stoffen. Hat das Tier eine gesunde Haut wird es auch wieder gern gestreichelt werden.

10 Was kann man tun oder sollte man tun, wenn alle Bemühungen, das Meerschweinchen wieder zu befrieden, scheitern?

Wenn das Tier in seiner gewohnten Umgebung ein ganz normalen Verhalten zeigt, gesund und wohlernährt ist, also nicht leidet, so sollte man sich am besten damit abfinden, daß es nicht von jedermann angefaßt werden kann. Unter Umständen findet sich ja das eine oder Familenmitglied zu dem das Tier wieder Zutrauen faßt.